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Frankreich wird am Montag, 4. März, das erste Land werden, das den freiwilligen Schwangerschaftsabbruch explizit in seiner Verfassung verankern wird. Dafür findet heute ein Parlamentskongress im Schloss von Versailles statt.

Vier Tage vor dem Internationalen Tag für die Rechte der Frau schreibt Frankreich am Montag, den 4. März, Geschichte. Das Parlament wird auf einem Kongress in Versailles die Aufnahme des seit 1975 dank Simone Veil legalisierten Schwangerschaftsabbruchs in die Verfassung beschließen. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, in denen das Recht auf Abtreibung wieder eingeschränkt wird, wird Frankreich das erste Land der Welt sein, das den Schwangerschaftsabbruch in die Verfassung aufnimmt.

Es wird erwartet, dass eine sehr große Mehrheit der Abgeordneten und Senatoren die von der Regierung, in deren Namen Premierminister Gabriel Attal sprechen wird, vorgeschlagene Verfassungsänderung billigen wird. Durch die Reform wird in Artikel 34 des französischen Grundgesetzes der folgende Satz eingefügt: „Das Gesetz bestimmt die Bedingungen, unter denen die der Frau garantierte Freiheit, einen freiwilligen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen, ausgeübt wird“.

Für die Zustimmung zu dieser Änderung ist eine Mehrheit von drei Fünfteln der abgegebenen Stimmen erforderlich. Diese dürfte nach den bisherigen Abstimmungen in der Nationalversammlung (493 Abgeordnete gegen 30) und, am vergangenen Mittwoch im Senat (267 Stimmen gegen 50) problemlos erreicht werden. Die große Zustimmung der Senatoren, die am Mittwoch die letzte Hürde auf dem Weg zur Verfassungsgebung beseitigte, überraschte selbst die größten Befürworter der Verfassungsänderung.

Das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ist zwar heute in Frankreich nicht bedroht, aber es könnte morgen bedroht sein. Die Abtreibungsgegner – die für diesen Montag eine Demonstration in Versailles geplant haben – haben mit ihren Übertreibung vor der Abstimmung im Senat, die zur Karikatur und sogar zu Fake News in einer Live-Übertragung auf dem Sender CNews ausartete, vielleicht die letzten Zweifler unter den Senatoren zur Zustimmung bewegt.

Und viele erinnerten sich daran, wie recht Simone de Beauvoir hatte, als sie sagte: „Nichts ist jemals endgültig gesichert. Eine politische, wirtschaftliche oder religiöse Krise wird ausreichen, um die Rechte der Frauen in Frage zu stellen. Ihr ganzes Leben lang müssen Sie wachsam bleiben“. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die derzeitige Infragestellung des Rechts auf Abtreibung in den USA.

Leah Hoctor vom Center for Reproductive Rights, einer amerikanischen Organisation, die sich für das Recht auf Abtreibung einsetzt, begrüßte die französische Entscheidung als „die erste so explizite und umfassende Verfassungsbestimmung zu diesem Thema, nicht nur in Europa, sondern weltweit“.

Auch wenn der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch auch in Frankreich manchmal noch sehr kompliziert ist, ist seine Aufnahme in die Verfassung ein großer Sieg, der allen Frauen Hoffnung gibt.

Der Parlamentskongress ist in Frankreich die Versammlung der beiden Kammern des Parlaments, der Nationalversammlung (Unterhaus) und des Senats (Oberhaus), bei der über eine Verfassungsänderung abgestimmt wird, wenn kein Referendum stattfinden soll.

Wenn ein Kongress stattfindet, verlassen die beiden Kammern Paris (den Palais Bourbon bzw. den Palais du Luxembourg) und kommen im Schloss von Versailles in der Kongresshalle zusammen. Der Kongress ist seit 1958 zwanzig Mal zusammengetreten, davon sechzehn Mal zur Verabschiedung einer Verfassungsänderung und vier Mal für eine Erklärung des Staatspräsidenten.


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