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Vier Mitglieder der Neonazi-Gruppe „Waffenkraft“ stehen ab Montag vor dem Schwurgericht wegen geplanter Anschläge in Frankreich in den Jahren 2017 und 2018.

Vier Männer aus der ultrarechten Neonazi-Bewegung stehen von Montag, dem 19. Juni, bis Freitag, den 30. Juni, vor dem Sonderschwurgericht für Terrorismus. Ein Sonderschwurgericht für Minderjährige, da einer der Angeklagten zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Taten 17 Jahre alt war. Den vier Angeklagten im Alter von 21 bis 28 Jahren wird vorgeworfen, in den Jahren 2017 und 2018 mehrere Anschläge in Frankreich geplant zu haben.

Die Ermittlungen begannen im Sommer 2018 nach der Festnahme von Alexandre Gilet. Der 22-jährige aus Grenoble, ein freiwilliger Hilfspolizist, der sich zuvor sechs Monate lang bei der Armee verpflichtet hatte, hatte vor seiner Festnahme gerade Produkte gekauft, die für die Zusammensetzung von Sprengkörpern verwendet werden, wie etwa TATP. Der Geschäftsführer des Feuerwerksladens hielt die Bestellung für verdächtig und meldet die Transaktion der Gendarmerie.

Eine Gruppe namens „WaffenKraft“
Bei der Durchsuchung des Hauses des jungen Mannes finden die Ermittler zahlreiche Lang- und Handfeuerwaffen, darunter zwei Kalaschnikows mit 21 Magazinen, sehr viel Munition, eine Handgranate und eine Laborausrüstung zur Herstellung von Sprengstoff. Die detaillierte Analyse des Inhalts seiner Computer und Telefone zeigte, dass er der Neonazi-Szene angehörte und sich in Online-Diskussionsforen und in einer Gruppe namens „WaffenKraft“ bewegte. Die Ermittler entdeckten außerdem 51 Videos und Hunderte von Fotos, auf denen er im Wald mit selbstgebauten Sprengstoffen trainierte. Alexandre Gilet gab in Polizeigewahrsam zu, unter anderem ein Kilo Schwarzpulver ferngesteuert zur Explosion gebracht zu haben.

Die Anklage behauptet, dass der freiwillige Hilfspolizist der Anführer der Gruppe war. „Er war der radikalste und entschlossenste, er wollte ein Blutbad anrichten, das schlimmer war als der Terroranschlag auf das Bataclan“, erklärte einer seiner Mitangeklagten. Auf den von den Ermittlern gefundenen Bildern sind die vier Angeklagten mit geschulterten Waffen zu sehen und zeigen den Hitlergruß. Die Bilder wurden bei einem Treffen im Sommer 2018 während eines Wochenend-Waffentrainings in einem Wald in der Nähe von Tours (Indre-et-Loire) aufgenommen.

Zu ihren Zielen gehörten Moscheen und Jean-Luc Mélenchon.
Sie diskutierten vor allem im Internet: ein ideologischer Austausch vor dem Hintergrund von Hass auf Muslime und Kommunisten, Antisemitismus und Homophobie. Es ging auch eindeutig um Pläne für Aktionen gegen bestimmte Gemeinschaften und Persönlichkeiten.

Zu den geplanten Zielen gehörten etwa die Omar-Moschee im 11. Arrondissement von Paris, eine Moschee in Creil (Oise), Versammlungen des Repräsentativen Rates der jüdischen Institutionen Frankreichs (Crif), das Europäische Parlament, der Luftwaffenstützpunkt Villacoublay (Yvelines), Räumlichkeiten der Internationalen Liga gegen Rassismus und Antisemitismus (Licra) und auch der Vorsitzende der Partei La France insoumise, Jean-Luc Mélenchon.

Jean-Luc Mélenchon will bei der Eröffnung des Prozesses als Nebenkläger auftreten. Die Verhandlung soll unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, da einer der Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat minderjährig war. Der Vorsitzende des Schwurgerichts kann jedoch im Interesse der Öffentlichkeit und der Information beschließen, diese Einschränkung aufzuheben.

Der Hauptangeklagte Alexandre Gilet hatte ein Manifest im Stil von Anders Breivik verfasst. Am 22. Juli 2011 zündete der rechtsextreme norwegische Terrorist in der Nähe des Regierungssitzes in Oslo eine Bombe, die acht Menschenleben forderte. Danach tötete er 69 weitere Menschen, zumeist Teenager, als er das Feuer auf ein Sommerlager der Arbeiterjugend auf der Insel Utoya eröffnete. Kurz vor seinen blutigen Anschlägen hatte Breivik ein 1.500 Seiten starkes Manifest im Internet veröffentlicht, das er über Jahre hinweg verfasst hatte und das sich durch Islamfeindlichkeit und Antimarxismus auszeichnete.

Auch Alexandre Gilet hatte ein ähnliches Manifest verfasst, in dem er die verschiedenen Möglichkeiten der Tatausführung ausführlich darlegte, darunter auch einen Anschlag mit einem Sprengstofflaster. Außerdem hatte er eine Ausbildung zum Lkw-Fahrer begonnen. Der Angeklagte gab zu, dass er damals nach den dschihadistischen Anschlägen, die Frankreich 2015 erschütterten, im Geiste des Kreuzzugs, der Rache und des „weißen Dschihad“ (white jihad) eingestellt war. Er versichert heute, dass keine Tat begangen habe und aus diesem Denkschema ausgebrochen sei.

Ein fünftes Mitglied, ein Mittelschüler, der sich mit der Gruppe „WaffenKraft“ austauschte wurde im Dezember letzten Jahres vor dem Jugendgericht angeklagt und zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.


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