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Die Sonne knallt vom Himmel, das Thermometer klettert täglich auf über 30 Grad – und der Gartenschlauch bleibt trocken. In den Départements Bouches-du-Rhône und Alpes-Maritimes ist die Lage ernst. Die Behörden haben weite Teile der Region unter „crise sécheresse“, also in den höchsten Trockenheits-Alarmzustand gestellt. Für viele Menschen in Südfrankreich bedeutet das: Einschränkungen, Kontrollen – und ein völlig veränderter Alltag.

Ein Landstrich im Alarmmodus

In den Bouches-du-Rhône betrifft der Krisenzustand aktuell 27 Gemeinden. Besonders der Raum rund um Aix-en-Provence steht im Fokus: Die Zonen „Arc amont“ und „Arc aval“, benannt nach dem Fluss Arc, leiden unter massivem Wassermangel. Die Folgen? Keine Bewässerung mehr für Rasenflächen, Blumenbeete oder Ziersträucher. Swimmingpools dürfen nicht mehr befüllt oder geleert werden, und das Auto vor der Haustür zu waschen ist jetzt verboten.

Nicht nur Privatpersonen sind betroffen. Auch Gemeinden, Unternehmen und landwirtschaftliche Betriebe müssen ihre Wasserentnahmen drastisch reduzieren. Wer dagegen verstößt, dem drohen empfindliche Strafen.

Alpes-Maritimes: Zwischen Alarmstufe Rot und Dunkelrot

Auch im benachbarten Département Alpes-Maritimes ist die Trockenheit allgegenwärtig. Hier gelten in 45 Kommunen bereits strenge Auflagen. 40 davon befinden sich in der sogenannten „Alerte sécheresse“, fünf weitere haben sogar den Status „Alerte renforcée“ – eine verschärfte Alarmstufe.

Die Regeln sind klar: Zwischen 8 und 20 Uhr darf kein Wasser mehr zur Gartenbewässerung genutzt werden. Wasserspiele für Kinder? Verboten. Pools? Nur noch eingeschränkt nutzbar. Autowäsche? Ein Luxus, der nun strafbar sein kann. Wer erwischt wird, riskiert ein Bußgeld von bis zu 1.500 Euro – im Wiederholungsfall sogar das Doppelte. Die Polizei kontrolliert gezielt.

Wenn das Wasser versiegt, bleibt der Alltag auf der Strecke

Für die Einwohner bedeutet das: Umdenken ist gefragt. Viele Gartenfreunde müssen ihre geliebten Beete vernachlässigen. Familien mit Kindern verzichten auf die Erfrischung im Planschbecken, und Handwerksbetriebe sowie Landwirte kämpfen mit eingeschränkter Wasserversorgung.

Auch die Städte selbst müssen umdisponieren. Parks und öffentliche Grünflächen werden seltener bewässert, Brunnen bleiben trocken. Was in normalen Jahren zur Lebensqualität beiträgt, ist nun ein Risiko für die Wasserversorgung. Die Städte Südfrankreichs verändern ihr Gesicht – gezwungenermaßen.

Kleine Schritte mit großer Wirkung

Was also tun? Die Behörden rufen zur kollektiven Vernunft auf. Jeder Einzelne ist gefragt. Wassersparende Armaturen, das Sammeln von Regenwasser, kürzere Duschzeiten, der Verzicht auf unnötige Waschvorgänge – es sind oft die kleinen Handgriffe, die in der Summe eine große Wirkung haben.

Die Bevölkerung zeigt sich vielerorts einsichtig. Nach Jahren wachsender Sensibilisierung für Umwelt- und Klimathemen sind viele Menschen bereit, ihren Beitrag zu leisten. „Wir haben den Pool seit Wochen nicht aufgefüllt“, sagt ein Familienvater aus Aix-en-Provence. „Aber was soll’s – es geht gerade um mehr als nur Badespaß.“

Ein Blick in die Zukunft

Die aktuelle Trockenperiode ist kein Ausreißer. Frankreich – wie viele Länder Europas – steht vor einem strukturellen Wandel. Klimamodelle prognostizieren für die Mittelmeerregion zunehmend heißere und trockenere Sommer. Die Wasserfrage wird zur Schicksalsfrage – für die Landwirtschaft, die Energieversorgung, den Tourismus.

Deshalb denken immer mehr Kommunen um. Sie investieren in neue Wasserspeicher, setzen auf intelligente Bewässerungssysteme und erarbeiten Notfallpläne für kommende Dürren. Auch die Zusammenarbeit zwischen den Départements wird intensiviert, um die knappen Ressourcen bestmöglich zu verteilen.

Und wenn der Regen doch kommt?

Natürlich hoffen alle auf einen Wetterumschwung. Ein paar kräftige Regenschauer könnten kurzfristig für Entspannung sorgen. Doch die Erfahrung zeigt: Solche Niederschläge sind oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie versickern schnell – und ändern nichts an der Grundproblematik.

Was bleibt, ist die Erkenntnis: Der sorgsame Umgang mit Wasser ist nicht mehr nur ein ökologischer Wunsch – er ist zur Notwendigkeit geworden.

Wie geht es weiter?

Die Behörden prüfen laufend die Lage. Je nach Entwicklung können Maßnahmen verschärft oder gelockert werden. Bürgerinnen und Bürger sollten sich regelmäßig auf den offiziellen Seiten ihrer jeweiligen Präfektur informieren. Denn Unwissenheit schützt nicht vor Strafe – und kann in Zeiten knapper Ressourcen schnell teuer werden.

Ein Sommer, der in Erinnerung bleibt

Südfrankreich, das sonst für seine üppigen Gärten, sprudelnden Brunnen und lebendigen Straßenszenen bekannt ist, erlebt einen Sommer der Stille – zumindest was das Wasser betrifft. Es ist ein Weckruf. Für die Politik. Für die Wirtschaft. Für uns alle.

Denn mal ehrlich: Wie lange können wir uns das noch leisten – den verschwenderischen Umgang mit einer Ressource, ohne die kein Leben möglich ist?

Autor: Andreas M. Brucker

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