Tag & Nacht

Im Alpenmassiv kam es in letzter Zeit zu mehreren spektakulären Erdrutschen. Der letzte ereignete sich am Sonntag in der Gegend von Saint-André in Savoyen und führte zu zahlreichen Verkehrsbehinderungen. Die Felswände in den Alpen sind brüchig geworden.

Nach der großen Hitze der letzten Sommer kam es im Hochgebirge der Alpen zu mehreren Felsstürzen. Der letzte ereignete sich am Sonntagnachmittag, 27. August, in der Gemeinde Saint-André in Savoyen und führte dazu, dass der Verkehr auf der Autobahn A43 unterbrochen wurde und der Zug-Verkehr zwischen Frankreich und Italien zum Erliegen kam.

Die Bilder vom Sonntag sind beeindruckend und zeugen von einer neuen Gefahr. Etwa 700 Kubikmeter Felsbrocken, die sich direkt über der Autobahn vom Berg lösen, man sieht zwei Fahrzeuge vorbeifahren, Sekunden bevor eine riesige Staubwolke die Sicht nimmt.

Zuvor hatten sich am Mittwoch, dem 23. August, bereits 10.000 Kubikmeter Gestein von einem Berg an der Nordseite der Aiguille du Midi gelöst. Es war, als hätten 1.000 Kipplaster ihre Ladung Schutt gleichzeitig in 3.500 Metern Höhe abgeladen. Beide Vorfälle forderten glücklicherweise keine Todesopfer – was sicherlich nur dem Zufall geschuldet ist. Einige Tage zuvor starb ein Bergsteiger infolge von Steinschlag im Goûter-Korridor, als er zum Mont Blanc aufsteigen wollte. Der Grund für diese Felsstürze ist im schwindenden Permafrost zu suchen. Unter dem Einfluss der globalen Erwärmung taut das Eis im alpinen Boden, das früher das ganze Jahr über gefroren blieb, im Sommer auf. Dadurch werden die Felswände brüchig.

Laut Ludovic Ravanel, Geomorphologe und Forschungsdirektor des CNRS haben sich die Bergstürze und Felsabbrüche in den letzten 30 Jahren vervielfacht – vor 1990 wurden fast gar keine festgestellt.

Es ist noch zu früh, um eine Bilanz des Sommers 2023 zu ziehen, da die Risikoperiode noch nicht vorbei ist. Aber im Jahr 2022 zählten Wissenschaftler fast 250 größere Bergstürze allein in den französischen Alpen. Hochgebirgsspezialisten versuchen gerade herauszufinden, wie man solche Bergstürze vorhersagen kann. Es ist durchaus möglich, dass der Fels knirscht bevor er bricht, oder Wasser aus Rissen läuft.

Glücklicherweise ist die Zahl der Todesopfer durch solche Erdrutsche bislang sehr niedrig. Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass der Gipfel des Mont Blanc im Jahr 2050 zwar noch weiß sein wird und auf 4.000 Metern wird noch Schnee liegen, aber das Hochgebirge wird grauer, felsiger und die Zahl der Felsstürze wird stark ansteigen.

Das Hochgebirge könnte im Frühling oder Herbst weitaus weniger gefährlich sein als im Sommer.


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