Der tropische Wirbelsturm Garance hat die französische Insel La Réunion mit voller Wucht getroffen. Zwar wurde die vorübergehend ausgerufene höchste Warnstufe Violett inzwischen wieder aufgehoben, doch von Normalität kann keine Rede sein. Die Behörden halten den Alarmstatus Rot aufrecht – eine klare Botschaft, dass weiterhin Gefahr besteht.
Und die Zahlen sprechen für sich: Mehr als 145.000 Haushalte sind ohne Strom, über 82.000 Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Während sich der Sturm langsam abschwächt, bleibt das Chaos bestehen.
Ein Drittel der Haushalte ohne Strom – Trinkwasserversorgung stark beeinträchtigt
Der Sturm hat zahlreiche Gebäude beschädigt. Dächer wurden abgedeckt, Fenster eingedrückt, Stromleitungen umgerissen. Besonders schlimm: Die Wasserversorgung ist zusammengebrochen. Wer nicht rechtzeitig Wasserreserven angelegt hat, steht jetzt vor einer echten Herausforderung.
„Wir sind mitten im Sturm“, berichtet Emmanuel Séraphin, Bürgermeister der Küstenstadt Saint-Paul. „Der Wind ist extrem stark, der Regen prasselt unaufhörlich nieder.“
Gerade in einer Region, die immer wieder von tropischen Wirbelstürmen betroffen ist, zeigt sich, wie fragil die Infrastruktur bleibt. Wie kann es sein, dass eine einzige Naturkatastrophe zehntausende Menschen in eine solche Notlage bringt?
Windböen bis zu 213 km/h – Verwüstung in vielen Gebieten
Laut dem französischen Wetterinstitut Keraunos wurden an der Küste Windgeschwindigkeiten von bis zu 213 km/h gemessen. Das entspricht der Stärke eines schweren Hurrikans – genug, um Dächer abzudecken, Autos umzukippen und Bäume wie Streichhölzer zu knicken.
Viele Straßen sind blockiert, das öffentliche Leben liegt brach. Flughäfen haben den Betrieb eingestellt, Schulen bleiben geschlossen. Wer kann, bleibt in den eigenen vier Wänden – doch nicht jeder hat das Glück, noch ein intaktes Zuhause zu haben.
Rettungskräfte stehen bereit – doch wann können sie eingreifen?
Die Behörden haben schnell reagiert: Rund 100 zivile Sicherheitseinheiten und Feuerwehrleute aus Mayotte stehen bereit, um nach La Réunion zu kommen. Doch sie können erst starten, wenn die Wetterbedingungen es zulassen.
Eine Situation, die für viele Betroffene schwer zu ertragen ist. Denn während die Rettungskräfte auf grünes Licht warten, kämpfen die Menschen auf der Insel mit den unmittelbaren Folgen des Sturms – ohne Strom, ohne Wasser, teils in schwer beschädigten Häusern.
Ein zyklonisches Déjà-vu – und eine drängende Frage
La Réunion ist tropische Wirbelstürme gewöhnt. Garance ist bei Weitem nicht der erste Zyklon, der die Insel heimsucht – und wird auch nicht der letzte sein. Doch mit jeder Katastrophe stellt sich erneut die Frage: Warum gibt es immer noch keine nachhaltigen Lösungen?
Klar, Frühwarnsysteme retten Leben. Doch die Infrastruktur bleibt anfällig. Ein Drittel der Bevölkerung ohne Strom – das zeigt, wie verwundbar die Insel ist.
Sollten nicht längst robustere Stromnetze, eine sicherere Wasserversorgung und stabilere Gebäude Standard sein? Oder sind wir einfach darauf eingestellt, jedes Mal aufs Neue die Schäden zu beseitigen, anstatt das Problem an der Wurzel zu packen?
Für die Menschen auf La Réunion zählt jetzt nur eins: schnelle Hilfe. Die kommenden Tage werden zeigen, wie gut die Rettungskräfte aufgestellt sind – und ob sich die Region von diesem Zyklon erholt, bevor der nächste kommt.
Von Andreas M. B.
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