Aserbaidschan, Gastgeber der diesjährigen COP29, sorgt für Aufsehen: Präsident Ilham Aliev bezeichnet Öl und Gas als „Geschenk Gottes“ – ein Statement, das wohl nicht überall auf Zustimmung stößt. Doch der Hintergrund seiner Aussage ist für viele Länder, die auf fossile Rohstoffe angewiesen sind, nachvollziehbar. Aliev argumentiert, dass es nicht fair sei, einem Land Vorwürfe zu machen, weil es seine Ressourcen nutzt und diese an die Märkte liefert. „Jede natürliche Ressource – sei es Öl, Gas, Wind, Sonne, Gold oder Silber – ist ein Geschenk“, betonte er vor einem internationalen Publikum.
Alievs Botschaft stößt allerdings auf kontroverse Reaktionen. Schließlich handelt es sich hier um eine Konferenz, deren Ziel es ist, Lösungen gegen die globale Klimaerwärmung zu finden – und dazu gehört unweigerlich die Abkehr von fossilen Energien. Doch Aliev bleibt dabei: Aserbaidschan ist nicht einfach ein „Öl-Staat“, wie er sagt, sondern ein Land, das bereit ist, auch eine grüne Zukunft aktiv mitzugestalten.
Ein „realistischer“ Weg zur Energiewende?
Aliev betont, dass sich sein Land klar für eine „grüne Transformation“ engagieren wolle. Doch was bedeutet das konkret? Das Ölgeschäft bleibt für Aserbaidschan weiterhin unverzichtbar, und Aliev sieht in der Nutzung dieser Ressourcen keinen Widerspruch zur Klimapolitik – stattdessen spricht er von einem „realistischen“ Ansatz. Aserbaidschan mache nur 0,7 % der weltweiten Erdöl- und 0,9 % der Erdgasproduktion aus, erklärt er. Gegenüber den großen Playern wie den USA sei das verschwindend gering, argumentiert er.
Die eigentliche Herausforderung dieser COP29 ist jedoch eine ganz andere: Die wohlhabenden Länder sollen sich auf konkrete Finanzhilfen für Entwicklungsländer einigen. Diese Unterstützung soll den Ländern des globalen Südens helfen, sich ohne Kohle und Öl zu entwickeln und gleichzeitig auf die zunehmenden Naturkatastrophen wie Hitzewellen und Überschwemmungen vorbereitet zu sein. Die bisherigen 116 Milliarden Dollar pro Jahr reichen kaum aus – es ist von Billionen die Rede, die jährlich benötigt werden.
Alievs Spagat zwischen Klimaversprechen und fossilen Realitäten
Dass der Gastgeber der COP29 gleichzeitig eine zentrale Rolle im Ölgeschäft spielt, zeigt einmal mehr das Dilemma unserer Zeit: Einerseits wächst die Dringlichkeit, fossile Energien hinter uns zu lassen, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels abzuwenden. Andererseits finanzieren genau diese fossilen Einnahmen oft die wirtschaftliche Stabilität ganzer Nationen. Kann man von Ländern wie Aserbaidschan verlangen, ihre wertvollsten Ressourcen aufzugeben, ohne ihnen echte Alternativen zu bieten?
Die COP29 steht also vor einer doppelten Herausforderung: Auf der einen Seite das wachsende Bedürfnis nach Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit – auf der anderen Seite die Realität der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen in vielen Ländern, die nur schwer durch erneuerbare Energien zu ersetzen sind.
Es bleibt abzuwarten, ob die Staaten bei dieser COP29 zu einer Einigung kommen, die sowohl ambitioniert als auch realistisch ist.
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