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Laut dem Vorsitzenden der französischen Behörde für nukleare Sicherheit (ASN), Bernard Doroszczuk, betrifft diese Anfälligkeit sowohl die Produktion als auch die Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen. Er verweist auf die Notwendigkeit, mehr „vorausschauend“ zu handeln.

Die französische Atomaufsichtsbehörde (ASN) warnt am Mittwoch, 19. Januar, dass die französische Atomindustrie unter einer „beispiellosen doppelten Fragilität“ leidet, sowohl bei der Produktion als auch bei der Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen. Ihr Präsident Bernard Doroszczuk betont die Notwendigkeit, „Sicherheitspuffer“ zu haben, damit es nicht irgendwann zu einer Abwägung zwischen der Versorgungssicherheit und der Sicherheit der Anlagen kommen muss.

Die Anfälligkeiten bestehen in erster Linie auf der Produktionsebene. Es gibt nicht genügend Spielraum, um unvorhergesehene Ereignisse zu verkraften. Für Bernard Doroszczuk bestätigt dies die aktuelle Situation – in Frankreich sind derzeit etwa 15 Reaktoren gleichzeitig aus Sicherheitsgründen abgeschaltet. Unerwartete Korrosionsprobleme führten mitten im Winter zur Abschaltung von fünf EDF-Reaktoren des 56 Reaktoren umfassenden französischen Kernkraftwerksnetzes und erhöhten die bereits starke Anspannung in der Stromversorgung noch mehr. „Die fehlende Sicherheits-Marge kann besonders durch das Ereignis veranschaulicht werden, das sich im Dezember ereignet hat“, erklärt Bernard Doroszczuk die heutige Situation: die Entdeckung von Spannungsrissen bei mehreren EDF-Reaktoren, die vorsichtshalber abgeschaltet werden mussten. „Man sieht also, dass die Verfügbarkeit von Margen im Stromsystem unerlässlich ist, um mit dem Risiko bei den Kernreaktoren umgehen zu können.“

Und da EDF gerade dabei ist, auch alle anderen Reaktoren zu überprüfen, könnte sich die Situation in diesem Jahr noch verschlechtern, weil weitere Reaktoren abgeschaltet werden könnten. Angesichts dessen fragt sich der Präsident der ASN: Was passiet, wenn zwölf weitere Reaktoren bis 2035 stillgelegt werden, wie es das Gesetz vorsieht? Bisher hat die EDF nicht nachgewiesen, dass ihre Anlagen bei Bedarf mehr als fünfzig Jahre in Betrieb sein könnten. Zur Zeit werden bei den meisten Reaktoren die 40 Jahre Betriebszeit überschritten.

Der staatliche Stromversorger sollte sich bei der Überprüfung der Betriebssicherheit seiner Nuklearanlagen beeilen. Denn wenn eine längere Betriebssicherheit nicht gegeben ist, sollte man dies rechtzeitig wissen, um rechtzeitig andere Stromerzeugungssysteme aufzubauen.

Auch in Bezug auf das Recycling und die Abfallbehandlung zieht die ASN eine gelbe Karte wegen mangelnder Voraussicht. Das betrifft zunächst die Becken, in denen die abgebrannten Brennelemente in La Hague am Ärmelkanal gelagert werden. Dorthin schicken die Kernkraftwerke ihre ausgebrannten Brennstäbe. Die derzeitigen Becken sind fast voll und neue werden erst 2034 fertig sein. Es wird also unumgänglich sein, provisorische Lösungen zu finden, die in Bezug auf die Sicherheit weniger zufriedenstellend sein werden. Dieses Problem war seit 2010 bekannt.

Mängel gibt es auch in der MOX-Produktionsanlage von Orano im Departement Gard. MOX ist ein wiederaufbereiteter Brennstoff, der in Kraftwerken ein zweites mal eingesetzt werden soll. Die Lagerkapazitäten für die Produktionsabfälle werden bereits in diesem Jahr überlastet sein. Auch hier hätte man früher neue Lager bauen müssen, kritisiert die ASN.

Das Ergebnis all dessen ist, dass es zu einem Stau in der Wiederaufbereitungskette kommen kann und die Kraftwerke auf ihren Abfällen sitzen bleiben, was den Betrieb noch weiter stören wird.

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