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Am heutigen Dienstag steht das französische Parlament vor einer entscheidenden Abstimmung, die das Gesicht der nuklearen Sicherheitsaufsicht im Land grundlegend verändern könnte. Im Zentrum der Debatte steht der Vorschlag, die Autorité de sûreté nucléaire (ASN), die Aufsichtsbehörde für Kernenergie, mit dem Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire (IRSN), dem technischen Expertenorgan des Sektors, zu fusionieren. Diese geplante Fusion zielt darauf ab, bis 2025 eine neue Behörde für nukleare Sicherheit und Strahlenschutz (ASNR) zu schaffen, ein Schritt, der von der Regierung als Teil eines umfassenden Plans zur Wiederbelebung der Kernenergie verfolgt wird. Die Regierung hofft, durch diese Maßnahme die Fristen für Expertisen und Genehmigungen von Anlagen zu verkürzen.

Die ASN gibt Stellungnahmen zur Nutzung von Infrastrukturen wie Kernkraftwerken, Brennstoff- oder Abfalllagerstätten ab. Sie ist auch zuständig für die Genehmigung zur Verlängerung der Betriebsdauer von Kernkraftwerken, die alle zehn Jahre überprüft werden. So hat die ASN beispielsweise im August 2023 eine positive Stellungnahme zur weiteren Nutzung des Kernkraftwerks Tricastin in der Drôme abgegeben, obwohl es die ursprünglich vorgesehene Betriebsdauer von 40 Jahren bereits überschritten hatte.

Das IRSN, ein Institut, das Kernenergieexperten unter seinem Dach vereint, beschäftigt sich mit Forschung, um ein tieferes Verständnis der Funktionsweise von Kernenergie zu erlangen und Risiken rund um nukleare Anlagen zu analysieren. Zu diesem Zweck führt das IRSN Kontrollmessungen an diesen Standorten durch, um sicherzustellen, dass keine übermäßige Strahlung freigesetzt wird, die gesundheitliche oder umweltbedingte Auswirkungen haben könnte. Ende 2022 beschäftigte das IRSN mehr als 1.700 Mitarbeiter.

Die Zusammenarbeit zwischen ASN und IRSN basiert bisher darauf, dass die ASN die Expertise des IRSN für bestimmte Entscheidungen einholt. Beide Organisationen führen auch Krisenübungen in Kernkraftwerken durch, um sicherzustellen, dass es keine Sicherheitslücken gibt.

Die Gegner der Zusammenlegung heben jedoch hervor, dass eine mögliche Fusion zu einem Verlust an Expertenunabhängigkeit und Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit führen könnte. Insbesondere befürchten die Experten des IRSN, dass ihre Unabhängigkeit in Gefahr sein könnte – gerade zu einem Zeitpunkt, an dem die meisten französischen Kernkraftwerke das Ende ihrer geplanten Lebensdauer von 40 Jahren erreichen. Sie planen, am Dienstagmorgen vor dem Parlament zu demonstrieren.

Diese Debatte wirft grundlegende Fragen auf: Wie kann die nukleare Sicherheit am besten gewährleistet werden? Und wie lässt sich die Unabhängigkeit der Überwachung in einem Sektor sichern, der für die Energieversorgung des Landes von zentraler Bedeutung ist, aber auch erhebliche Risiken birgt? Die Entscheidung des Parlaments wird nicht nur die zukünftige Struktur der nuklearen Sicherheitsaufsicht in Frankreich prägen, sondern auch ein Zeichen setzen, wie ernst es dem Land mit der Sicherheit seiner nuklearen Anlagen ist.


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