Tag & Nacht




Die Sonne brennt erbarmungslos vom Himmel. Der Asphalt flimmert, der Körper rebelliert. Wer in diesen Augusttagen durch Bordeaux oder Toulouse schlendert, fühlt sich eher wie in einem Wüstenstaat denn wie in Südfrankreich. Die Hitzewelle 2025 hat Europa im Würgegriff – und sie schreibt Geschichte.

Ein Sommer, der sich nicht an Spielregeln hält.

Temperaturen jenseits der Vorstellungskraft

Was sich seit Anfang August über den Kontinent legt, ist mehr als nur ein heißer Sommer. Es ist ein flammendes Fanal des Klimawandels. In Bordeaux stieg das Thermometer auf atemraubende 43 °C – satte zwölf Grad über dem langjährigen Durchschnitt. Toulouse knackte fast die 41 °C, Paris schwitzte mehrere Tage in Folge bei weit über 34 °C. Die Folge: Alarmstufe Rot in zwölf französischen Départements, Orange in 41 weiteren.

Doch Frankreich steht nicht allein da. Spanien und Portugal glühen unter Temperaturen jenseits der 40 °C. In der kroatischen Küstenstadt Šibenik wurden 39,5 °C gemessen – begleitet von Waldbränden, die bis an die Touristenstrände heranreichen. Und selbst im traditionell gemäßigten Großbritannien wird geschwitzt: 34 °C, ein Jahresrekord.

Brennende Wälder, brennende Nerven

Mit der Gluthitze kommt das Feuer. In Frankreich loderten Flammen in der Region Aude, Spanien kämpft in Castille-et-León und Galicien gegen zerstörerische Brände. In Portugal sind über 700 Feuerwehrleute in Trancoso im Dauereinsatz – ein Flächenbrand von unkontrollierbarem Ausmaß.

Besonders dramatisch ist die Lage in der Türkei: In Çanakkale mussten 2.000 Menschen evakuiert werden. Der Boden ist trocken wie Zunder, ein Funke genügt – und schon steht ein ganzer Landstrich in Flammen.

Die Bilanz ist verheerend: Mehr als 400.000 Hektar Natur sind 2025 bereits den Flammen zum Opfer gefallen. Das sind 87 % mehr als der Durchschnitt der letzten zwanzig Jahre. Eine Zahl, die erschüttert.

Wenn die Hitze krank macht

Und dann ist da noch die stille Bedrohung – die gesundheitlichen Folgen der Extremtemperaturen. Senioren, Kinder, Menschen mit chronischen Erkrankungen: Für sie wird die Hitzewelle schnell zur tödlichen Falle.

In Italien starb ein vierjähriger Junge an einem Hitzschlag. Kliniken melden eine Zunahme von Notfällen durch Dehydrierung, Kreislaufkollaps, Hitzekrämpfe. Die Empfehlungen der Gesundheitsbehörden sind klar: trinken, ruhen, kühlen – und vor allem: aufeinander achten.

Denn der Sommer 2025 ist kein Wetterphänomen. Er ist ein Warnschuss.

Der Klimawandel zeigt sein brutales Gesicht

Wissenschaftler schlagen seit Jahren Alarm – nun zeigt sich, wie recht sie hatten. Hitzewellen wie diese seien keine Ausnahme mehr, sondern die neue Normalität, sagt die renommierte Klimaforscherin Sonia Seneviratne vom Weltklimarat (IPCC). Europa erwärmt sich doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt. Was früher „Jahrhundertsommer“ hieß, ist heute einfach Sommer.

„Wir müssen Abschied nehmen vom Klima unserer Kindheit“, so Seneviratne. Ein Satz wie ein Donnerschlag – und eine Realität, die Politik und Gesellschaft noch nicht wirklich verdaut haben.

Wie oft muss das Thermometer noch durch die Decke gehen, bis gehandelt wird?

Städte im Wandel – oder im Stillstand?

Es gibt sie – die Ansätze, die Hoffnung machen. In Sevilla zum Beispiel: Dort werden Hitzewellen inzwischen benannt, wie einst Stürme – als Erinnerung daran, dass sie tödlich sein können. Andere Städte pflanzen neue Grünflächen, bauen ihre Infrastruktur hitzefest um, statten öffentliche Räume mit Kühlzonen aus.

Aber das reicht nicht.

Es braucht nicht nur Anpassung, sondern Transformation. Wärmedämmung in jedem Wohnhaus. Frühwarnsysteme. Neue Arbeitsmodelle. Und vor allem: eine drastische Reduktion der Treibhausgasemissionen.

Denn was 2025 passiert, ist kein Zufall. Es ist ein Echo der jahrzehntelangen Versäumnisse.

Ein Sommer als Mahnmal

Die Hitzewelle dieses Jahres wird in die Geschichtsbücher eingehen – nicht nur wegen ihrer Rekorde, sondern wegen ihrer Wucht. Sie verändert, wie wir leben, wie wir reisen, wie wir bauen. Und sie zeigt: Die Klimakrise ist keine ferne Zukunft. Sie ist da. Spürbar. Atemraubend. Schmerzhaft.

Es liegt an uns, ob wir den nächsten Sommer bloß überstehen – oder gestalten.

Von C. Hatty

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