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Frankreich sieht sich bereits mit der dritten Hitzewelle des Sommers konfrontiert. Der Anstieg der Temperaturen belastet die nukleare Stromerzeugung, die stark von Wasser abhängig ist. Bereits im Juli war vier Kraftwerken eine vorübergehende Ausnahme von den Umweltvorschriften gewährt worden. Die Sorgen um die ökologischen Auswirkungen und die nukleare Sicherheit Frankreichs steigen.

Nach nur ein paar Tagen Pause erstickt Frankreich wieder unter einer Hitzewelle. Vom Süden des Landes breitet sich die Hitzewelle seit Dienstag, dem 2. August, auch auf den Rest des Landes aus. Die Hitzewellen beeinträchtigen inzwischen auch die französische Atomenergieproduktion.

Atomanlagen sind sehr wasserabhängig, da sie ständig gekühlt werden müssen, um sicher funktionieren zu können. Daher werden sie an Meeresküsten oder in der Nähe von Flüssen gebaut, wo sie große Mengen Wasser zur Verfügung haben. Das Wasser wird aufbereitet und je nach Kühlsystem vollständig oder zu über 90% an die Umwelt zurückgegeben.

Aber: In jedem Fall wird das Wasser bei einer bestimmten Temperatur entnommen, um dann wärmer wieder zurückgeleitet zu werden.

„Jedes Kraftwerk unterliegt spezifischen Regeln, was die Temperatur seiner Rückleitungen betrifft“, erklärt Valérie Faudon, Generaldelegierte der Société française d’énergie nucléaire (SFEN).

In Fällen, in denen ein Risiko für die Stromversorgung besteht, kann der Betreiber EDF Anträge auf Ausnahmen bei der Behörde für nukleare Sicherheit stellen.

Die Kraftwerke Golfech, Blaye und Saint-Alban sowie das Kraftwerk Bugey erhielten bereits Mitte Juli eine Ausnahmegenehmigung von den Umweltvorschriften, um die Versorgung mit Strom während der damaligen Hitzewelle zu gewährleisten. Ihnen wurde das Recht eingeräumt, wärmeres Wasser als üblich einzuleiten.

Umweltorganisationen zufolge wird die Erwärmung des Flusswassers zwangsläufig zu einem gefährlichen Rückgang der Artenvielfalt führen. Mit zunehmender Temperatur wird das Wasser sauerstoffärmer, was bereits bedrohte Arten wie Lachse oder Forellen gefährdet.

Hohe Temperaturen begünstigen auch das Wachstum von sauerstoffhungrigen Algen auf Kosten anderer Organismen, die dann ersticken. Darüber hinaus könnte die Erwärmung des Wassers auch zum Wachstum von Bakterien wie Legionellen führen, die Flüsse verunreinigen und gesundheitliche Probleme bei Anwohnern verursachen können.

Und: Je niedriger der Wasserstand eines Flusses ist, desto höher wird – bei gleicher Reaktorleistung – die Temperatur eines Kernkraftwerks, da es weniger Wasser gibt, das die Wärme absorbieren kann.

Könnte Frankreich eine Katastrophe wie in Fukushima erleben?
Die thermische Trägheit eines Kernreaktors ist sehr groß. Selbst nach der Abschaltung eines Reaktors muss er noch Monate später weiter gekühlt werden, ganz zu schweigen vom Kühlbedarf der Lagerbecken für abgebrannte Brennelemente, die an jedem Standort vorhanden sind. Man kann sich eine Situation vorstellen, in der die Rhône so wenig Wasser führt, dass trotz der Abschaltung der Reaktoren nicht mehr genug Wasser vorhanden ist, um deren Mindestkühlung bei abgeschaltetem Reaktor zu gewährleisten. Bei einer solchen Konstellation könnte Frankreich eine Katastrophe wie in Fukushima erleben.

In den Sommermonaten werden oft routinemäßige Wartungsarbeiten, bei denen die Reaktoren zur Vorbereitung auf den Winter mit Brennstäben aufgefüllt werden, durchgeführt. Aber in diesem Sommer ist es anders: Aufgrund von Kontrollen, bei denen Korrosionsschäden gefunden wurden, mussten 12 weitere Reaktoren abgeschaltet werden.

Laut dem französischen Büro für geologische und mineralische Forschungen könnte die durchschnittliche jährliche Wassermenge der Flüsse in Frankreich bis 2050 um 10 bis 40 Prozent sinken. Im Sommer könnte der Wasserstand der Flüsse sogar um bis zu 60% sinken.

Mit Meerwasser gekühlte Atomanlagen sind zwar nicht von der Problematik des Wasserrückgangs in den Flüssen betroffen, hier ist es eher der Anstieg des Wasserspiegels, der Sorgen bereitet.

Im Dezember 1999 fegte der Sturm Martin über die Region Blayais hinweg. In der Mündung des Flusses Gironde wurde damals ein Teil des Atomkraftwerks überflutet, sodass zwei Reaktoren abgeschaltet werden mussten. Zwar konnte eine größere Katastrophe verhindert werden, doch der Vorfall hatte die nie verstummende Sorge um die Sicherheit der fünf Atomkraftwerke an der französischen Küste wieder aufleben lassen.


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