Tag & Nacht




Wird 2025 das nächste Horrorjahr für den Atlantik? Die Anzeichen verdichten sich, dass uns erneut eine besonders aktive und gefährliche Hurrikansaison bevorsteht. Schon 2024 hatte es in sich – Beryl, Helene, Milton. Drei Namen, die sich tief ins Gedächtnis gebrannt haben. Und jetzt? Jetzt rollt offenbar die nächste Welle heran.

Ein Blick auf die aktuellen Modelle lässt Meteorologen nervös werden: Die Meere sind außergewöhnlich warm – und das nicht nur oberflächlich. Auch in der Tiefe hat sich eine enorme Menge an Energie angesammelt. Dieses „Ozean-Hitzepotenzial“, wie es in der Fachwelt genannt wird, ist der perfekte Nährboden für tropische Wirbelstürme.

Was bedeutet das konkret? Ganz einfach: Stürme, die sich aus dem Nichts bilden und innerhalb kürzester Zeit zu tödlichen Hurrikanen der Kategorie 4 oder 5 heranwachsen – das könnte 2025 zur neuen Norm werden. Und das ist kein Angstmachen, das ist Physik.

Aber Moment – liegt es nur am warmen Wasser?

Nicht ganz. Denn auch die großräumigen Wettermuster spielen mit. El Niño und La Niña – zwei kleine Worte mit gigantischer Wirkung – entscheiden darüber, ob die atlantische Hurrikansaison gedämpft oder befeuert wird. Aktuell rechnet man damit, dass zu Beginn der Saison weder das eine noch das andere dominiert. Doch im Spätsommer könnte sich La Niña durchsetzen. Und die macht die Bühne frei für eine regelrechte Sturmparade.

Wie viele Stürme sind zu erwarten?

Die Prognose spricht eine klare Sprache: Zwischen 13 und 18 benannte Stürme, darunter 7 bis 10 Hurrikane. Drei bis fünf davon könnten es in die Kategorie der schweren Hurrikane schaffen – das bedeutet Windgeschwindigkeiten von über 178 Stundenkilometern. Zudem rechnet man mit bis zu sechs direkten Einschlägen auf das US-Festland.

Und damit nicht genug: Auch das Maß für die gesamte Energie aller tropischen Systeme – das sogenannte ACE – liegt mit Werten zwischen 125 und 175 deutlich über dem Langzeitdurchschnitt. Anders gesagt: Die Stürme werden stärker, länger und zerstörerischer.

Spannend (und beunruhigend): Die Saison könnte schon vor dem offiziellen Start am 1. Juni Fahrt aufnehmen. Aber wie im letzten Jahr ist ein ruhiger Sommer mit einem hektischen Herbst durchaus möglich – wenn zwischen September und November die meisten Stürme entstehen.

Wer ist besonders gefährdet?

Die Regionen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit für direkte Treffer ähneln denen des letzten Jahres: Die nördliche und östliche Golfküste der USA, die Carolinas, Atlantik-Kanada und die nordöstliche Karibik. Doch der eigentliche Schrecken lauert tiefer im Landesinneren. Wer denkt, weit weg vom Meer sei man sicher, irrt gewaltig.

Man erinnere sich nur an Hurrikan Beryl, der letztes Jahr mehr als 60 Tornados von Texas bis nach New York auslöste. Oder an Helene, die das bergige Hinterland von North Carolina mit sintflutartigen Regenfällen überzog. Der Ozean mag der Ursprung sein – aber das Ende? Das kennt keine Grenzen.

Worauf kommt es 2025 noch an?

Ein oft übersehener, aber entscheidender Faktor ist das sogenannte Bermuda-Azoren-Hoch. Dieses Hochdruckgebiet über dem zentralen Atlantik lenkt die Stürme wie ein Lotse. Liegt es weiter südlich oder östlich als gewöhnlich, könnten Stürme früh nach Norden abdrehen – oder eben mit voller Wucht in die Karibik und den Golf von Mexiko rauschen.

Und dann ist da noch die afrikanische Wetterküche: Tropische Wetterzonen, die von dort aus auf den Atlantik ziehen, sind oft der Ursprung späterer Monsterstürme. Je nachdem, wie sich die Luftströmungen, die Feuchtigkeit und die Temperaturen dort entwickeln, könnten sie zur Sturmfabrik des Jahres werden. Es sei denn – und das ist die Hoffnung – die trockene Saharaluft bläst den jungen Stürmen den Wind aus den Segeln, bevor sie Fahrt aufnehmen.

Was bedeutet all das für uns?

Vor allem eines: Vorbereitung ist alles. Es geht nicht darum, in Panik zu verfallen. Aber man sollte gewappnet sein. Frühzeitig Notfallpläne aufstellen. Vorräte prüfen. Evakuierungsrouten kennen. Denn wenn die Natur zuschlägt, ist jede Minute kostbar.

Und was ist mit der Klimakrise?

Die beruhigt sich nicht. Im Gegenteil: Die Häufung und Intensität dieser Extremwetterereignisse ist kein Zufall. Der Mensch heizt den Planeten auf – und damit auch die Ozeane. Das ist keine Meinung, das ist messbare Realität. Und ja, das macht wütend. Weil Lösungen auf dem Tisch liegen. Weil wir wissen, was zu tun ist. Und trotzdem dümpeln wir im Klein-Klein politischer Machtspiele.

Aber Aufgeben ist keine Option.

Es braucht Mut, es braucht Zusammenarbeit über Fachgrenzen hinweg. Meteorologie, Ozeanografie, Klimaforschung – all diese Disziplinen müssen Hand in Hand arbeiten. Denn nur mit einer breiten wissenschaftlichen Perspektive können wir dem Sturm trotzen. Im wörtlichen wie im übertragenen Sinne.

Und manchmal, da wünsche ich mir, wir würden genauso viel Energie in die Rettung unseres Planeten stecken wie in das nächste Smartphone-Upgrade.

Was bringt die Saison 2025 also?

Vielleicht nichts. Vielleicht sehr viel.

Und vielleicht – und das ist der Wunsch – nutzen wir dieses Wissen, um Menschenleben zu schützen, Städte resilienter zu machen und uns als globale Gemeinschaft wieder daran zu erinnern, dass wir Teil eines größeren Ganzen sind.

Von Andreas M. Brucker

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