Die italienische Justiz hat entschieden: Der Staat muss Migranten entschädigen, die im Sommer 2018 daran gehindert wurden, in Italien an Land zu gehen. Die Regierung unter Giorgia Meloni reagiert empört.
Gerichtsurteil: Italien verstieß gegen internationales Recht
Es war ein heißer August im Jahr 2018, als das italienische Militärschiff Diciotti 177 Migranten aus dem Mittelmeer rettete. Doch statt sicher an Land gebracht zu werden, mussten die Menschen zehn Tage lang an Bord ausharren. Die Regierung weigerte sich, ihnen das Betreten italienischen Bodens zu erlauben.
Nun, knapp sechs Jahre später, hat die höchste italienische Instanz, die Cour de cassation, entschieden: Das war rechtswidrig. Der italienische Staat muss die betroffenen eritreischen Migranten entschädigen. Die genaue Summe soll die Berufungsinstanz in Rom festlegen.
Die Richter begründeten ihr Urteil mit dem internationalen Seerecht, das Italien verpflichtet, Menschen in Seenot zu retten und in Sicherheit zu bringen. Dieses Recht stehe über nationalen Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Migration. Eine klare Absage an die damalige – und auch heutige – harte Migrationspolitik der italienischen Regierung.
Giorgia Meloni tobt: „Das Geld der ehrlichen Italiener!“
Premierministerin Giorgia Meloni, die seit ihrem Amtsantritt 2022 einen strikten Kurs gegen Migration fährt, reagierte empört. Auf X (ehemals Twitter) wetterte sie:
„Der italienische Staat soll mit dem Geld ehrlicher Steuerzahler Menschen entschädigen, die illegal ins Land kommen wollten!“
Ihre Regierung steht ohnehin im Dauerclinch mit der Justiz, die Meloni als „politisiert“ bezeichnet. Auch diesmal ließ sie durchblicken, dass ihrer Meinung nach die Richter sich anmaßen, Politik zu betreiben, statt Gesetze zu vollstrecken.
Salvini und die Lega: „Dann sollen die Richter zahlen!“
Der Fall hat zudem eine pikante politische Note. Denn der damalige Innenminister Matteo Salvini – heute stellvertretender Ministerpräsident – war maßgeblich für die Blockade der Diciotti-Migranten verantwortlich. Erst im Dezember wurde er in einem ähnlichen Fall freigesprochen, als er 2019 als Innenminister Migranten auf See festhalten ließ.
Seine Partei, die rechtspopulistische Lega, schäumte vor Wut über das aktuelle Urteil. In einem Statement hieß es:
„Das ist absurd! Wenn diese Richter so gerne illegale Migranten unterstützen, dann sollen sie die Entschädigung aus eigener Tasche zahlen!“
Politisches Signal oder reine Rechtsfrage?
Das Urteil der italienischen Justiz hat Symbolcharakter. Es zeigt, dass auch eine Regierung mit harter Migrationspolitik nicht über dem internationalen Recht steht. Doch in Zeiten zunehmender politischer Polarisierung wird es von der Regierung Meloni als Angriff auf ihre Agenda gewertet.
Klar ist: Das Thema Migration bleibt in Italien hochbrisant. Und dieses Urteil wird die Debatte weiter anheizen.
Von C. Hatty
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