Tag & Nacht




Die Sonne steht glühend über Katalonien.

Was in diesen Julitagen den Himmel verdunkelt, sind keine malerischen Abendwolken, sondern wabernde Rauchschwaden, die bis ins 400 Kilometer entfernte Alicante reichen.

Seit dem 7. Juli wütet ein gewaltiger Waldbrand in der Provinz Tarragona – besonders betroffen ist der Naturpark Els Ports. Über 3.100 Hektar Land hat das Feuer bereits zerstört. Eine Fläche größer als 4.300 Fußballfelder.

https://twitter.com/userrjjuliaa/status/1942475596950315017

Und die Flammen fressen sich weiter.

Starke Winde mit Böen bis 90 km/h peitschen das Feuer in immer neue Richtungen, als spiele ein zorniger Riese mit Funken und Glutnestern.

Die Bilder, die derzeit um die Welt gehen, erinnern an düstere Szenen aus Katastrophenfilmen – nur dass sie diesmal kein Drehbuch braucht, sondern brennende Kiefern und Olivenhaine in staubtrockener Hitze.

https://twitter.com/AnimaNaturalis/status/1942611796038160893

Häuser verriegelt, Fenster geschlossen

Die katalanische Regionalregierung hat längst den Notstand ausgerufen.

Mehr als 300 Feuerwehrleute und Soldaten der spanischen Militär-Notfalleinheit (UME) kämpfen ununterbrochen gegen den Flammensturm. Tankflugzeuge kreisen über den Bergkämmen, Sirenen gellen durch die Täler, während Einsatzkräfte Evakuierungspläne vorbereiten.

Rund 18.000 Menschen wurden angewiesen, ihre Häuser nicht zu verlassen und Türen sowie Fenster geschlossen zu halten. Betroffen sind Orte, deren Namen sich wie eine stille Dorfpoesie lesen: Paüls, Xerta, Aldover, Alfara de Carles, Tivenys, Roquetes, Jesús, Bitem, Prat de Compte, Pinell de Brai.

Hinter diesen Ortsnamen stehen Menschen, die auf gepackten Koffern sitzen, während Asche vom Himmel regnet.

https://twitter.com/AT_Brif/status/1942245916569956611

„Das Feuer tanzt, wohin der Wind es trägt“

So beschreibt ein Feuerwehrmann vor Ort die Lage.

Denn selbst wenn einzelne Brandherde gelöscht scheinen, genügen ein Funkenflug und eine plötzliche Winddrehung, um alles erneut zu entfachen. Die Feuerwehrleute sprechen von einer der gefährlichsten Einsatzlagen seit Jahren.

Und sie wissen: Der eigentliche Gegner ist nicht nur das Feuer.

Es ist die gnadenlose Hitze, die Spanien in diesem Sommer bereits fest im Griff hat. Meteorologen berichten von Rekordtemperaturen, gepaart mit extremer Trockenheit und trockenen Winden – ein explosiver Mix für jede noch so widerstandsfähige Vegetation.

Klimawandel als Brandbeschleuniger

Viele Experten sehen einen klaren Zusammenhang.

Denn auch wenn Waldbrände in Südeuropa kein neues Phänomen sind, nehmen Häufigkeit und Intensität seit Jahren spürbar zu. Immer wieder sprechen Klimaforscher von „Brandwetterlagen“ – Trockenheit, hohe Temperaturen, starker Wind. Ein Teufelskreis, der sich mit jedem weiteren Hitzesommer fester einbrennt.

https://twitter.com/ProyectoMastral/status/1942464256680570934

Urlaub unter Rauchwolken

Für den Tourismus in Katalonien bedeutet der Großbrand einen schweren Schlag.

Die Region lebt von Reisenden aus aller Welt. Jetzt aber sind viele Straßen gesperrt, Ausflüge in betroffene Naturparks untersagt, Hotels in Alarmbereitschaft. Das Auswärtige Amt weist darauf hin, dass Urlauber ihre Reisepläne überprüfen sollten. Bei Pauschalreisen kann unter Umständen kostenlos storniert werden, insbesondere wenn Evakuierungen drohen oder Ascheregen Strände und Hotelanlagen lahmlegt.

Wer aktuell unterwegs ist, sollte dringend lokale Hinweise befolgen und sich regelmäßig über die Lage informieren – Flammen machen vor keiner Reiseroute Halt.

Während Einsatzkräfte, Soldaten und freiwillige Helfer unermüdlich Löschwasser verteilen, hoffen alle auf eine Wetteränderung: Regen.

Doch die Prognosen bleiben düster. Die Temperaturen sollen weiter steigen, die Winde unberechenbar bleiben.

Manch einer vergleicht die Situation mit den Bränden in Griechenland oder Kalifornien. Tatsächlich hat sich Europa in den letzten Jahren immer öfter mit Szenarien konfrontiert gesehen, die früher nur in weit entfernten Kontinenten Schlagzeilen machten.

Naturpark Els Ports – eine grüne Lunge im Feuerkäfig

Der betroffene Naturpark ist ein beliebtes Ziel für Wanderer, Kletterer und Ornithologen. Seine steilen Kalkfelsen, Schluchten und dichten Wälder beherbergen seltene Adlerarten und Wildkatzen. Mit jedem verbrannten Hektar schwindet ein Stück dieses einzigartigen Lebensraums – vielleicht für Generationen.

Für viele Anwohner ist der Naturpark nicht nur ein Naherholungsgebiet, sondern Teil ihrer Identität. Sie berichten von einem bitteren Geruch in der Luft, einem Himmel, der in düsterem Orange leuchtet, und dem unaufhörlichen Prasseln der Hubschrauberrotoren.

Noch ist kein Ende in Sicht. Doch die Einsatzkräfte geben nicht auf.

Sie bauen Brandschneisen, legen Gegenfeuer und koordinieren rund um die Uhr Evakuierungen, sollten sich die Flammen Siedlungen nähern. Ein Feuerwehrsprecher brachte es auf den Punkt: „Wir können nicht kontrollieren, woher der Wind weht. Aber wir können entscheiden, nicht aufzugeben.“

Eine Haltung, die nicht nur den Kampf gegen das Feuer beschreibt, sondern auch den Umgang mit einer sich wandelnden Welt, in der Naturkatastrophen längst nicht mehr Ausnahme, sondern Teil des Alltags geworden sind.

Autor: Andreas M. Brucker

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