Man reibt sich die Augen. Da tobt eine Haushaltskrise. Da ächzt das Rentensystem unter dem Gewicht des demografischen Wandels. Und was macht die CGT? Sie fordert nicht weniger als die komplette Abschaffung der Rentenreform. Kein Innehalten, kein Dialog – nein: Rückabwicklung. Zurück auf Los. Ideologie vor Realität.
Was bitte soll das?
Es ist, als würde ein Kapitän auf stürmischer See nicht nur den Kurs wechseln, sondern das Steuer gleich ins Meer werfen. Die Reform von 2023 mag vielen missfallen – aber sie war notwendig. Sie war ehrlich. Und ja, sie war mutig. Denn wer heute den Menschen verspricht, mit 62 in Rente gehen zu können, ohne das System zu ruinieren, der belügt entweder sich selbst oder die Bevölkerung.
Die Fakten liegen auf dem Tisch: Wir leben länger, die Beitragszahler werden weniger – und das Geld reicht nicht. Diese Gleichung löst sich nicht mit Streikplakaten auf.
Natürlich klingt es populär, wenn Gewerkschaften „soziale Gerechtigkeit“ skandieren. Aber was ist gerecht daran, wenn die jungen Generationen die Zeche zahlen für ein System, das längst überholt ist? Was ist gerecht daran, wenn Beitragszahler:innen später bis weit über 67 hinaus schuften müssen, während andere heute den Rückweg ins „heile Früher“ fordern?
Das ist nicht sozial – das ist asozial.
Die Wahrheit ist unbequem: Eine Abrogation der Reform würde Milliarden kosten. Geld, das wir nicht haben. Geld, das wir uns leihen müssten – von den Märkten, von unseren Kindern, von der Zukunft. Wollen wir das wirklich?
Und wer sind eigentlich „wir“?
Die CGT spricht gern im Namen „der arbeitenden Bevölkerung“. Doch bei aller Lautstärke – sie spricht nicht für alle. Sie spricht für ein Weltbild, das sich der Realität verweigert. Für einen politischen Reflex, der reflexhaft Nein sagt – egal worum es geht.
Wo bleibt der Gegenvorschlag?
Wie soll ein stabiles, solidarisches Rentensystem aussehen, wenn es keine Reform geben darf? Wovon sollen die Renten bezahlt werden, wenn das Eintrittsalter niedrig und die Lebensdauer hoch bleibt? Woher soll die Gerechtigkeit kommen, wenn alle nur fordern, aber keiner aufzeigt, wo gekürzt werden kann?
Die Wahrheit ist: Es gibt keine einfache Lösung. Aber es gibt Ehrlichkeit. Und die fehlt derzeit aufseiten derer, die am lautesten „Abschaffen!“ rufen.
Ein Land regiert man nicht mit Parolen. Schon gar nicht in der Krise.
Es braucht Mut, Verantwortung und einen Blick über die Wahlperioden hinaus. Die Reform war ein Schritt in diese Richtung. Vielleicht nicht perfekt, aber notwendig. Sie jetzt zu kippen wäre nicht nur ein Rückschritt – es wäre ein Verrat an der Generation von morgen.
Ein Kommentar von Andreas M. Brucker
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