Tag & Nacht




Was wie ein leiser Abschied vom Sommer begann, endet in Frankreich mit einem ohrenbetäubenden Finale. Orkanwinde, Starkregen, Gewitterfronten – das Land ächzt unter einer Welle extremer Wetterereignisse, die sich über Tage hinweg entladen. Während viele noch die Hitze der vergangenen Wochen im Kopf haben, zeigt sich nun die andere Seite des Klimawandels: nass, gefährlich, zerstörerisch.


Wetterlage im Ausnahmezustand

Seit Mittwoch, dem 27. August, dominieren starke Gewitterzellen weite Teile Frankreichs. Besonders der Süden und Osten sind betroffen – Regionen, die in den Sommermonaten sonst eher für ihre Trockenheit bekannt sind. Die Wetterlage hat sich regelrecht festgefahren: Mediterrane warme Feuchtluft trifft auf kühlere atlantische Strömungen – und was dabei entsteht, ist ein explosives Gemisch.

Die Folge: Unwetterwarnungen auf Orange-Niveau, herausgegeben von Météo-France, für zahlreiche Départements. Im Var und in den Bouches-du-Rhône stürzen Wolkenbrüche nieder, Windböen fegen durch die Städte, und aus den Wolken prasseln teils faustgroße Hagelkörner.

https://twitter.com/meteofrance/status/1960709147449811249

Zerstörung im Gepäck

Mancherorts glich der Himmel einer Szene im Katastrophenfilm: bedrohlich dunkel, zuckend erleuchtet von häufigen Blitzen, mit einem Grollen, das durch Mark und Bein ging. In der Saône-et-Loire etwa wurde die Ruhe des Spätsommers durch 4 Zentimeter große Hagelgeschosse beendet – Autoscheiben splitterten, Dachziegel wurden abgedeckt, Gartenmöbel zerstört.

Hinzu kamen plötzliche Überflutungen, die Straßen in reißende Bäche verwandelten. Der Verkehr kam stellenweise völlig zum Erliegen, Rettungsdienste arbeiteten am Limit. Menschen mussten aus ihren Autos befreit werden, Keller liefen voll, Campingplätze wurden evakuiert. Szenen, wie man sie sonst eher aus dem Herbst kennt – oder aus ganz anderen Klimazonen.

https://twitter.com/VigipreventionM/status/1960824190136697205

Der Klimakontrast des Sommers

Und genau hier liegt der Kern des Problems: Dieser Sommer 2025 war ohnehin schon außergewöhnlich. Wochenlang kletterten die Temperaturen über 35 Grad, besonders im Landesinneren verdorrten Böden und Felder. Die Hitze schuf perfekte Voraussetzungen für eine paradoxe Gefahr: Als schließlich die erlösenden Niederschläge kamen, konnte der ausgetrocknete Boden sie kaum aufnehmen – mit der Folge plötzlicher, unkontrollierbarer Überschwemmungen.

Diese rasante Abfolge von Extremen – von Dürre zu Flut – ist kein Einzelfall mehr. Klimaforscher schlagen seit Jahren Alarm: Hitzeperioden werden länger, Gewitter heftiger, Regenfälle intensiver. Und 2025 liefert ein weiteres Lehrstück in dieser unheilvollen Entwicklung.

Was jetzt zu tun ist

Die Prognosen für die kommenden Tage sind kaum beruhigender. Weitere Gewitter sind angekündigt, besonders in Südostfrankreich. Météo-France rät weiterhin zu höchster Vorsicht – wer nicht raus muss, sollte besser zu Hause bleiben. Wer unterwegs ist, sollte Radio und Warn-Apps im Blick behalten.

Doch abseits der akuten Gefahrenfrage rückt eine andere, grundlegende Herausforderung in den Fokus: Frankreichs Infrastruktur ist vielerorts nicht auf diese Wetterextreme vorbereitet. Abwassersysteme geraten schnell an ihre Grenzen, Stromnetze fallen aus, Gebäude sind unzureichend gegen Hagel oder Starkregen geschützt. Hier ist politische Initiative gefragt – und zwar auf kommunaler wie nationaler Ebene.

Gleichzeitig wird klar: Der Schutz vor Naturgefahren ist längst keine Frage der „Jahrhundertereignisse“ mehr. Es geht um Alltagstauglichkeit im Klimawandel. Um Städte, die Wasser auffangen statt abweisen. Um Häuser, die Stürmen standhalten. Und um Menschen, die wissen, was im Ernstfall zu tun ist.


Zwischen Sonne und Sintflut

So bleibt der Sommer 2025 in Erinnerung – als eine Jahreszeit der Gegensätze. Erst sengende Sonne, dann wütende Stürme. Frankreich erlebt das Wetter als Spiegel einer Zeit im Umbruch. Und während der Regen auf die Dächer trommelt, bleibt eine unbequeme Frage im Raum stehen:

Wie viele Warnsignale braucht es noch, bis der Wandel auch politisch zur obersten Priorität wird?

Autor: Andreas M. Brucker

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