Tag & Nacht

Die wichtigsten Präsidentschaftskandidaten sind sich mittlerweile über die Notwendigkeit der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine einig, auch Éric Zemmour, der sich zunächst dagegen ausgesprochen hatte. Und das aus gutem Grund: Der Kandidat von Reconquête, aber auch marine Le Pen vom Rassemblement National (RN), stehen vor einer rhetorischen Herausforderung: Wie kann man die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge rechtfertigen, nachdem man sich gegen die Aufnahme von Syrern oder Afghanen ausgesprochen hat?

Es ist in der Tat eine Kehrtwende, die Éric Zemmour am Wochenende vollzogen hat, auch wenn er das nicht wahrhaben will. Letzte Woche erklärte er auf RTL in Bezug auf ukrainische Flüchtlinge: „Ich denke, es ist nicht gut, Menschen aus ihrem Land zu reißen, noch Frankreich zu destabilisieren, das bereits von der Immigration überschwemmt wird“. Am Sonntag, dem 6. März, räumte er bei einer Kundgebung in Toulon jedoch ein, dass man Ukrainer, die speziell nach Frankreich kommen wollten, aufnehmen müsse. Er rechtfertigt dies schlicht und einfach im Namen der Empathie. „Die armen ukrainischen Frauen und Kinder, die wir auf unseren Bildschirmen sehen und die uns das Herz zerreißen, müssen aufgenommen werden, bis die Bombardierungen aufhören“, so Éric Zemmour. Er schließt sich damit der Position von Marine Le Pen an, die durch den Vorsitzenden des RN, Jordan Bardella, zum Ausdruck gebracht wurde: „Ukrainische Familien, die unter den Bombardements stehen, die vor den Kämpfen fliehen, müssen in Frankreich aufgenommen werden, solange der Konflikt andauert.“

„Ukrainische Familien werden bombardiert, diese armen Frauen und Kinder, die uns das Herz zerreißen“: So mit dem unfassbaren Unglück des Krieges konfrontiert, wäre die Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge nur eine Frage der elementarsten Menschlichkeit, sagt Éric Zemmour.

Widersprüchliche Positionen
Dennoch haben sich sowohl Éric Zemmour als auch der Rassemblement National weiterhin gegen die Aufnahme syrischer oder afghanischer Flüchtlinge ausgesprochen, die ebenfalls vor einem Krieg in ihrem Land fliehen. Wie kann man diesen Widerspruch erklären: Das ist die Herausforderung, vor der die rechtsextremen Kandidaten heute stehen. Sie führen nicht nur pragmatische Argumente an, zum Beispiel die geografische Nähe, sondern auch Emotionen. „Ich fühle mich dem, was heute in der Ukraine, vor unseren Toren, vor den Toren der Europäischen Union passiert, viel näher als dem, was in Syrien oder Libyen passiert ist. Mein Herz richtet sich zuerst auf die Menschen, die ich als näherstehend empfinde“, sagt Jordan Bardella vom Rassemblement National.

Éric Zemmour meint, dass „die Ukrainer echte Flüchtlinge sind, die vor dem Krieg fliehen und denen wir uns nahe fühlen. Weil sie Europäer sind, weil sie Christen sind“.


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