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Emmanuel Macron äußerte sich am Mittwoch, dem 2. März, um 20 Uhr aus dem Élysée-Palast zu den Folgen des Krieges in der Ukraine. Die Ansprache des Staatspräsidenten wurde in Frankreich mit großer Spannung erwartet.

In vierzehn Minuten Rrede malte Emmanuel Macron am Mittwoch, den 2. März, ein düsteres Bild. „Hunderte von ukrainischen Zivilisten, Frauen und Kinder sind bereits getötet worden. Die kommenden Tage werden wahrscheinlich immer härter werden“, sagte der Präsident der Republik um 20 Uhr.

„Wir befinden uns nicht im Krieg mit Russland“.
Während seiner Rede rief Macron die von Frankreich ergriffenen Maßnahmen in Erinnerung: die Unterstützung der Ukrainer, die schweren Sanktionen gegen Russland und die Entsendung von französischem Militär, insbesondere nach Rumänien. Emmanuel Macron legte Wert darauf, klarzustellen: „Wir befinden uns nicht im Krieg gegen Russland. Deshalb tausche ich mich nicht nur ständig mit Präsident Zelensky aus, ich habe mich auch dafür entschieden, mit Präsident Putin in Kontakt zu bleiben und werde dies auch weiterhin tun, so lange ich kann und so lange es nötig ist“.

Wie erwartet war der Ton der Ansprache des Präsidenten düster. „Die kommenden Tage werden wahrscheinlich immer härter werden“, sagte Macron und erinnerte daran, dass bereits Hunderte von ukrainischen Zivilisten getötet worden seien. „Das Gleichgewicht unseres Kontinents ist bereits jetzt gestört“, sagte er und nannte es als eines seiner Ziele, „die Ausweitung des Konflikts so weit wie möglich zu verhindern“.

Macron sprach dem ukrainischen Präsidenten Volodymyr Zelensky „die brüderliche Unterstützung Frankreichs“ aus und bezeichnete ihn als „das Gesicht der Ehre, der Freiheit und der Tapferkeit“ und lobte den „Mut“ des ukrainischen Volkes.

Der französische Präsident erklärte auch, „an der Seite aller Russen zu stehen, die es ablehnen, dass in ihrem Namen ein unwürdiger Krieg geführt wird, und die den Geist, die Verantwortung und den Mut haben, den Frieden zu verteidigen und dies in Russland und anderswo bekannt machen“.

Verpflichtung zur Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge
„Frankreich werde seinen Teil dazu beitragen, die vor dem Krieg geflohenen Ukrainer aufzunehmen, insbesondere „die Kinder, die ins Exil gezwungen und von ihren Vätern getrennt wurden, die in den Kampf gezogen sind“, versicherte der Staatschef. Er richtete seinen Dank an die Städte, Dörfer und Vereine, die bereits begonnen haben, sich in diesem Sinne zu mobilisieren. Emmanuel Macron rechnet damit, dass „mehrere hunderttausend Flüchtlinge“ die Ukraine verlassen werden. Die Vereinten Nationen schätzten am Mittwoch, dass innerhalb der vergangenen Woche schon 874.000 Menschen vor dem Krieg geflohen sind. Einhundert davon seien inzwischen in Frankreich angekommen, berichtete Innenminister Gérald Darmanin am Dienstag.

Emmanuel Macron griff die Aussagen des Kreml über die kriegerische Offensive als „Lügen“ und „einen Rachegeist, der von einer revisionistischen Lesart der europäischen Geschichte genährt wird“ an. „Russland ist nicht der Angegriffene, sondern der Angreifer“, Betonte Macron. „Es gibt keine Truppen oder NATO-Stützpunkte in der Ukraine, das sind Lügen“. Er beklagte eine „unhaltbare Propaganda“, in der Russland in der Ukraine gegen den Nationalsozialismus interveniere: „Die Regierenden in der Ukraine halten die Erinnerung an den Holocaust hoch“.

Krieg als Signal für einen „Epochenwechsel“ in Europa
„Der Krieg in Europa gehört steht nicht in unseren Geschichtsbüchern oder Schulbüchern. Er existiert, vor unseren Augen“, sagte Emmanuel Macron. „Die Demokratie wird nicht mehr als unumstrittenes Regime betrachtet. Sie wird vor unseren Augen in Frage gestellt. Unsere Freiheit, die Freiheit unserer Kinder, ist keine Errungenschaft mehr. Sie ist mehr denn je ein Ausdruck des Mutes, ein Kampf in jedem Augenblick.“

Dies rechtfertige es, die Investitionen Frankreichs in seine Verteidigung zu verstärken, so der Präsident der Republik. Und diese Krise ermutige dazu, eine „europäische Verteidigung“ aufzubauen, fügte er hinzu und kündigte an, dass der am 10. und 11. März in Versailles stattfindende EU-Gipfel diesem Thema gewidmet sein werde.

Emmanuel Macron plädierte für eine Strategie, die die Unabhängigkeit Frankreichs und Europas, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht, fördert. „Wir dürfen nicht länger von anderen, insbesondere von russischem Gas, abhängig sein, um uns fortzubewegen, zu heizen und unsere Fabriken zu betreiben„, mahnte er.

Der Krieg in der Ukraine wird schwere wirtschaftliche Folgen haben. „Unsere Landwirtschaft, unsere Industrie, viele Wirtschaftssektoren leiden oder werden leiden“, warnte Macron. Diese Sektoren seien betroffen, „weil sie entweder von Rohstoffimporten aus Russland oder der Ukraine abhängig sind oder weil sie in diese Länder exportieren“. „Unser Wachstum, das heute auf einem Höhepunkt steht, wird unweigerlich beeinträchtigt werden„, sagte der Präsident und betonte, dass die steigenden Kosten für Öl, Gas und Rohstoffe Auswirkungen auf „den Preis für eine Tankfüllung Benzin“ oder auch „die Höhe der Heizkostenrechnung“ in Frankreich haben werden.

Angesichts dessen versprach Macron, die Franzosen zu „schützen“, indem er „nach neuen Lieferanten“ für Rohstoffe und „neuen Geschäftsmöglichkeiten“ suche. Wie Jean Castex bereits am Dienstag angekündigt hatte, erinnerte jetzt auch Emmanuel Macron daran, dass er den Premierminister beauftragt habe, „in den nächsten Tagen einen Plan für wirtschaftliche und soziale Widerstandsfähigkeit auszuarbeiten“.

Noch keine Erklärung zur Kandidatur
Nur zwei Tage vor Ablauf der Frist für die Einreichung der Kandidaturen für die Präsidentschaftswahlen stellte Emmanuel Macron fest, dass dieser Krieg „auch auf unser demokratisches Leben und den Wahlkampf, der Ende dieser Woche offiziell eröffnet wird, durchschlägt“.

Ohne dies formell zu präzisieren, versicherte Emmanuel Macron, dass er „niemals aufhören“ werde, die Verbundenheit der Franzosen „mit der Freiheit, der Gleichheit, der Brüderlichkeit und den Platz Frankreichs in der Welt“ zu „verteidigen und zu tragen“.


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