Tag & Nacht






Am 13. März 2013 wählte das Konklave den Argentinier Jorge Mario Bergoglio zum Oberhaupt der katholischen Kirche. Ein Jesuit, der sich den Namen Franziskus gab – ein Symbol für Demut, Armut und Reformgeist. Von Anfang an galt er als Hoffnungsträger, als Papst des Volkes, als jemand, der frischen Wind in eine erstarrte Institution bringen würde. Zwölf Jahre später stellt sich die Frage: Hat er seine Versprechen gehalten oder die Kirche tiefer gespalten als je zuvor?

Ein Papst der Gesten – aber mit welchem Effekt?

Eines muss man Franziskus lassen: Er versteht es, Zeichen zu setzen. Er wusch Gefangenen die Füße, fuhr im Kleinwagen statt in der Papstlimousine, bezog eine bescheidene Wohnung im Vatikanhotel und predigte unermüdlich über Barmherzigkeit. Diese Symbolpolitik kam gut an – vor allem bei Menschen, die der Kirche längst den Rücken gekehrt hatten.

Doch was haben diese Gesten tatsächlich verändert? Die tiefen institutionellen Probleme der katholischen Kirche – von Missbrauchsskandalen bis zur Krise des Priestertums – lassen sich nicht mit Demut allein lösen. Franziskus sprach viel über Reformen, doch oft folgten auf seine Worte nur vage Ankündigungen oder zähe, halbherzige Umsetzungen.

Reformen oder nur leere Worte?

Als er 2013 antrat, hofften viele auf eine grundlegende Erneuerung der Kirche. Seine Versprechen klangen vielversprechend: Eine offenere Haltung gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen, ein neuer Umgang mit Homosexualität, mehr Transparenz bei den Finanzen des Vatikans.

Und was ist daraus geworden?

Ja, es gab Fortschritte. Wiederverheiratete können in bestimmten Fällen die Kommunion empfangen. Der Umgang mit Homosexualität ist weniger scharf als unter seinen Vorgängern – zuletzt erlaubte er sogar Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare. In der Kurienreform hat er einige Posten umstrukturiert und neue Machtverhältnisse geschaffen.

Aber hat sich dadurch wirklich etwas geändert? Die katholische Sexualmoral bleibt widersprüchlich, die Priesterweihe für Frauen ist weiterhin tabu, und Missbrauchstäter wurden zwar härter verfolgt, doch das System, das jahrzehntelang Verbrechen vertuscht hat, besteht weiterhin.

Die Spaltung innerhalb der Kirche

Franziskus wollte Brücken bauen – doch oft schien es, als habe er die Fronten nur verhärtet. Während progressive Katholiken ihn für seine Offenheit feierten, liefen konservative Kardinäle Sturm. Der deutsche Synodale Weg etwa, der weitreichende Reformen fordert, steht in direktem Gegensatz zur Linie des Vatikans. Gleichzeitig kritisieren viele Gläubige, dass Franziskus zwar viel über Dialog spricht, aber autoritär durchregiert, wenn ihm etwas nicht passt.

Manche fragen sich, ob er tatsächlich Reformen anstoßen konnte oder ob sein Kurs nur Chaos hinterlässt. Die katholische Kirche ist gespalten wie selten zuvor – zwischen Traditionalisten, die einen Rückfall in alte Zeiten wünschen, und Reformern, denen es nicht schnell genug geht.

Das ewige Dilemma: Ein Papst kann nicht alles ändern

Vielleicht war die Erwartung an Franziskus von Anfang an zu hoch. Ein einzelner Mann kann nicht in wenigen Jahren eine jahrtausendealte Institution umkrempeln. Die Kirche ist träge, und ihre Machtstrukturen sind zäh.

Doch eines ist sicher: Franziskus hat die katholische Welt in Bewegung gesetzt. Ob diese Bewegung am Ende zu echten Reformen oder nur zu mehr Zerrissenheit führt – das bleibt abzuwarten.

Ein Kommentar von Andreas M. Brucker

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