Tag & Nacht

Die französische Schriftstellerin Annie Ernaux, die diese Woche mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde, hat am Sonntag einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie die Massenproteste der linken Opposition gegen Präsident Emmanuel Macron unterstützt.

Die Organisatoren der für den 16. Oktober geplanten Grossdemonstration werfen Macron vor, die steigenden Preise für Energie und andere lebenswichtige Güter nicht in den Griff zu bekommen und zu wenig gegen den Klimawandel zu unternehmen.

„Emmanuel Macron nutzt diese Inflation, um das Wohlstandsgefälle zu vergrößern und die Profite des Kapitals auf Kosten aller anderen zu steigern“, heißt es in dem Brief, der in der Zeitung „Journal du Dimanche“ veröffentlicht wurde.

Die 82-jährige Ernaux wird als erste und prominenteste der 69 Unterzeichner aufgeführt, zu denen neben Schriftstellerkollegen auch Ökonomen, Professoren und Aktivisten gehören. Macron, ein ehemaliger Investmentbanker, hatte Ernauxs Nobelpreis begrüßt und ihre Stimme als „die der Freiheit der Frauen und der Vergessenen“ bezeichnet.

Doch die ungewöhnliche öffentliche Kritik einer Schriftstellerin, deren sehr intime und feministische Werke in den letzten Jahren weithin Anerkennung gefunden haben, könnte die Wut der Menschen über Macrons Plan, die Lebensarbeitszeiten der Franzosen zu verlängern, verstärken. Macrons erster Versuch, das Renteneintrittsalter von 62 auf 65 Jahre heraufzusetzen, wurde vor zwei Jahren von heftigen Streiks begleitet, bevor er die Rentenreform wegen des Ausbruchs der Covid-19-Pandemie zunächst abbrach.

Die neue Regierung der zweiten Amtszeit Macrons, die über keine absolute Mehrheit im Parlament mehr verfügt, hat versprochen, sich mit den Gewerkschaften und anderen Parteien über eine Reform zu beraten. Sie besteht aber darauf, dass in den kommenden Monaten über einen Gesetzentwurf abgestimmt werden soll.


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