Zwei Schweden wurden am Montagabend im Zentrum der belgischen Hauptstadt am Rande des Fußballspiels Belgien-Schweden mit einer automatischen Waffe getötet. Die Bundesstaatsanwaltschaft, die für Terrorismusfälle zuständig ist, wurde mit den Ermittlungen betraut.
Drei Tage nach dem Attentat in Arras, das ganz nFrankreich wegen der Ermordung eines Lehrers in Trauer versetzte, wurde nun auch Belgien getroffen. Am Rande des Fußballspiels Belgien-Schweden wurden am Montag, dem 16. Oktober in Brüssel zwei schwedische Staatsangehörige von einem bewaffneten Täter getötet, der nach der Tat auf einem Motorroller flüchtete. Ein Mann, der verdächtigt wird, der Schütze zu sein, wurde am Dienstagmorgen nach einem Schusswechsel festgenommen, wie ein Sprecher der Bundesstaatsanwaltschaft mitteilte. Später am Morgen wurde bekannt, dass der mutmaßliche Attentäter bei der Festnahme getötet wurde.
Der belgische Premierminister Alexander De Croo verurteilte die Tat als ein „feiges Attentat“. Er rief zur Einheit im „Kampf gegen den Terrorismus“ auf. Die Bundesstaatsanwaltschaft, die für Terrorismusfälle zuständig ist, wurde mit den Ermittlungen betraut. Die Terrorbedrohungsstufe wurde auf vier angehoben und gilt in der Region Brüssel als „sehr ernst“, das ist die höchste Stufe. Die Behörden forderten die Bewohner auf, „zu Hause zu bleiben, solange die Bedrohung nicht beseitigt ist“.
Die Tat ereignete sich kurz nach 19 Uhr in der Nähe des Place Sainctelette im Norden der belgischen Hauptstadt. Auf mehreren Videos, die in den sozialen Netzwerken und den belgischen Medien verbreitet wurden, ist zu sehen, wie ein Mann in einer orangefarbenen Neonjacke eine Person in die Lobby eines Gebäudes verfolgt und das Feuer aus einer automatischen Waffe eröffnet. Anschließend flüchtet er auf einem Motorroller. „Drei Personen“ seien durch den Angriff „ins Visier genommen“ worden, sagte Eric van Duyse, Sprecher der belgischen Bundesstaatsanwaltschaft, bei einer Pressekonferenz. Neben den beiden getöteten Personen sei auch ein Taxifahrer verletzt worden.
Laut Zeugenaussagen trugen die Opfer Fantrikots der schwedischen Nationalmannschaft.
Ein Video, in dem sich ein Mann zu dem Anschlag bekennt, der mit einer neonorangenen Jacke bekleidet ist und auf Arabisch spricht, ist im Umlauf, wurde aber noch nicht offiziell authentifiziert. Der Mann versichert, der Terrorgruppe Islamischer Staat anzugehören, und behauptet, „drei Schweden“ getötet zu haben. In dem Video wird die schwedische Staatsangehörigkeit der Opfer als Motivation für die Tat genannt.
Schweden, das in der muslimischen Welt nach mehreren Koranverbrennungen in diesem Sommer zunehmend in Kritik geriet, hat bereits am 17. August die Terrorwarnstufe erhöht.
Der Sprecher der belgischen Bundesstaatsanwaltschaft betonte allerdings ausdrücklich, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Hinweise auf eine mögliche Verbindung zum aktuellen israelisch-palästinensischen Konflikt vorlägen.
Ein Mann, der unter dem Verdacht steht, der mutmaßliche Attentäter zu sein, wurde am Dienstagmorgen festgenommen. Früher am Morgen hatte der belgische Justizminister Vincent Van Quickenborne mehr Informationen über den Verdächtigen bekannt gegeben. Es handele sich um einen 45-jährigen Tunesier, der im November 2019 Asyl in Belgien beantragt habe, so der Minister. „Er war den Polizeibehörden bereits wegen Menschenhandels, illegalem Aufenthalts und Gefährdung der Staatssicherheit bekannt.
„Im Juli 2016 wurden von einer ausländischen Polizeibehörde unbestätigte Informationen übermittelt, wonach der Mann sich radikalisiert habe und in ein Konfliktgebiet in den Dschihad ziehen wolle“, führte der belgische Justizminister weiter aus. Allerdings habe es in Belgien „keine konkreten Hinweise auf eine Radikalisierung gegeben“, schränkte er ein.
In Schaerbeek im Großraum Brüssel wurde eine Hausdurchsuchung in der Avenue Huart-Hamoir durchgeführt, „eine Adresse, an der sich der Verdächtige aufgehalten haben soll“, wie der belgische Bundesstaatsanwalt Frédéric Van Leeuw auf der Pressekonferenz erklärte. Dort fand am Dienstagmorgen auch die Festnahme statt. Von offizieller Seite wurde nicht bestätigt, dass der Verdächtige bei der Festnahme verletzt wurde. Bisher konnte die festgenommene Person noch nicht formell identifiziert werden.
Vor wenigen Minuten wurde bekannt, dass der Attentäter wohl bei der Festnahme getötet worden sei.
Am Montagabend fand im König-Baudouin-Stadion in Brüssel ein Fußballspiel zwischen Belgien und Schweden im Rahmen der Qualifikation für die Fußball-Europameisterschaft 2024 statt. Es wurde in der Halbzeitpause gegen 21:30 Uhr abgebrochen. „Ich bin schrecklich traurig. Wir waren uns zu 100 % einig, dass wir die zweite Halbzeit aus Respekt vor den Opfern und ihren Familien nicht spielen würden“, erklärte der Trainer der schwedischen Nationalmannschaft, Janne Andersson, der von der schwedischen Nachrichtenagentur TT zitiert wurde.
Die Behörden hielten die 35.000 Fans zunächst im Stadion fest, bis sie sicher evakuiert werden konnten, wie das belgische Krisenzentrum mitteilte. Die Fans beider Mannschaften skandierten „Sweden! Sweden!“, berichtete der belgische Fernsehsender LN24. Die Evakuierung des Stadions begann erst kurz vor Mitternacht.
Nach dem Anschlag in Brüssel werden die Sicherheitsvorkehrungen am Dienstagabend im Pierre-Mauroy-Stadion in Lille für das Freundschaftsspiel zwischen Frankreich und Schottland deutlich erhöht, wie Franceinfo unter Berufung auf die französischen Behörden meldet.
Der französische Innenminister Gérald Darmanin ordnete an, dass die Kontrollen an der Grenze zu Belgien ab Montagabend verstärkt werden sollen. Die französische Regierung hatte bereits am Freitag, nachdem ein radikalisierter ehemaliger Schüler in einem Gymnasium in Arras einen Lehrer ermordet hatte, die höchste Stufe des nationalen Terror-Warnsystems ausgerufen.
Die politischen Reaktionen auf das Attentat in Brüssel sind zahlreich. Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen verurteilte ein „abscheuliches Attentat“. „Ich bin heute Abend von ganzem Herzen bei den Familien der beiden Opfer des abscheulichen Attentats, das in Brüssel stattgefunden hat“, reagierte Ursula von der Leyen auf X. Der Präsident des Europäischen Rates, der Belgier Charles Michel, sagte, dass „das Herz Europas von Gewalt getroffen wurde“. Der schwedische Außenminister Tobias Billström sagte, er sei „am Boden zerstört“.
Der französische Präsident Emmanuel Macron, der sich am Montagabend in der albanischen Hauptstadt Tirana aufhielt, sagte, dass Europa „erschüttert“ sei.
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