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Am Mittwoch findet eine Anhörung im Pariser Gerichtsgebäude statt. Eine neue Etappe in der Klage, die seit Januar 2020 von 16 Gebietskörperschaften und sechs Umweltverbänden gegen den französischen Ölkonzern geführt wird. Ein verfahren, das sich noch mehrere Jahre hinziehen könnte.

Auf der einen Seite stehen die Anwälte von TotalEnergies. Auf der anderen Seite stehen die Anwälte eines Kollektivs von NGOs und lokalen Behörden. Am Mittwoch, dem 31. Mai, wird jeder seine Argumente vor einem Richter im Pariser Gericht vortragen und verteidigen. Das ist ein weiterer Schritt in dem Verfahren, das im Januar 2020 gegen die Ölgesellschaft wegen Untätigkeit im Klimaschutzbereich angestrengt wurde. „Bei der Anhörung wird es nicht um den Inhalt, sondern um die Form gehen“, erklärt François de Cambiaire, einer der Anwälte des klagenden Kollektivs.

Der Rechtsstreit begann am 28. Januar 2020, als ein Kollektiv, das aus 14 Gebietskörperschaften, darunter Grenoble, und fünf Verbänden besteht, TotalEnergies vor dem Gericht in Nanterre (Hauts-de-Seine) verklagte. „Wir fordern Total im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht auf, Maßnahmen zu ergreifen, um seinen CO2-Fußabdruck zu reduzieren“, erklärte Sébastien Mabile, Anwalt des Kollektivs, damals auf Franceinfo.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes vom 27. März 2017 über die Sorgfaltspflicht sind bestimmte multinationale Unternehmen verpflichtet, „schwere Verstöße gegen die Menschenrechte, die Gesundheit und Sicherheit von Personen sowie die Umwelt zu verhindern“, und zwar sowohl in Frankreich als auch bei ihren ausländischen Subunternehmern und Lieferanten. Diese Maßnahmen müssen in einem Vigilanzplan veröffentlicht und wirksam umgesetzt werden. Im „Fall der Nichterfüllung“ und nach einer „Mahnung“ kann die Justiz eingeschaltet werden. Dies hat das Kollektiv getan.

Der Ölkonzern Total ist allein für etwa 1 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Das bedeutet, dass er einen CO2-Fußabdruck hat, der dem aller 67 Millionen Franzosen zusammen entspricht. Die Kläger fordern TotalEnergies daher auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um bis 2050 CO2-Neutralität zu erreichen, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

TotalEnergies hat von Anfang an den „Weg des Rechtsstreits“ in Frage gestellt, der seiner Meinung nach nicht „angemessen“ ist, um auf die „Klimafrage“ zu reagieren. Die Anwälte des Konzerns erheben eine „Einrede der Unzuständigkeit“ des Gerichts in Nanterre und sind der Ansicht, dass der Rechtsstreit vor einem Handelsgericht verhandelt werden sollte, insbesondere weil die Sorgfaltspflicht im Handelsgesetzbuch verankert ist.

Das Gericht in Nanterre war jedoch anderer Meinung und lehnte am 11. Februar 2021 den Antrag von TotalEnergies ab und erklärte sich damit für zuständig, über den Fall zu urteilen. Neun Monate später wurde diese Entscheidung vom Berufungsgericht in Versailles bestätigt. Anschliessend erkannte der Kassationshof in einem Urteil vom 15. Dezember 2021 die Zuständigkeit der Regionalgerichte in allen Klagen an, die im Zusammenhang mit der Sorgfaltspflicht vor Gericht gebracht wurden. Bevor dann allerdings das Parlament einige Tage später beschloss, diese vollständig dem Pariser Gerichtshof zu übertragen, wo der Fall im März 2022 landete.

Während der Fall seinen Weg durch die Gerichte fortsetzt, wächst die Koalition aus Verbänden und Gebietskörperschaften, die TotalEnergies verklagt hat. Bisher sind 16 Gebietskörperschaften und sechs Verbände an der Klage gegen TotalEnergies beteiligt. Bei einer Anhörung am 21. September 2022 erklärten die Städte Paris und New York offiziell ihren Beitritt, gefolgt von Amnesty International und der Stadt Poitiers.

„Um den Anstieg der globalen Temperatur unter 2°C zu halten, muss das Pariser Abkommen unbedingt eingehalten werden. Einige denken jedoch weiterhin an ihre finanziellen Interessen vor dem kollektiven Interesse und dem Schutz des Lebens auf der Erde“, erklärte die Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, die die Gelegenheit sieht, „einen weltweiten Akteur im Energiebereich dazu zu zwingen, das Pariser Abkommen einzuhalten“.

In diesem Fall ist man jedoch noch weit von einer Debatte über den Inhalt entfernt. Als der Fall im März 2022 an das Pariser Gericht überwiesen wurde, wurde, wie es bei komplexen Zivilverfahren üblich ist, ein sogenannter „juge de la mise en état“ ernannt. Seine Aufgabe ist es, für einen fairen Ablauf des Zivilprozesses zu sorgen. Vor ihm wird an diesem Mittwoch die Anhörung stattfinden.

Jede Partei wird ihre Anträge zu den von TotalEnergies vorgebrachten Verfahrenseinreden und Einreden vortragen. Ausserdem hoffen die Kläger, TotalEnergies dazu zwingen zu können, „alle neuen Projekte zur Ausbeutung fossiler Energien auszusetzen“, bis der Fall inhaltlich geprüft ist. Die Anwälte erwarten ein langwieriges Verfahren und rechnen nicht mit einer Hauptsacheverhandlung vor 2024 oder 2025 oder sogar noch später.


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